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Aus dem Schatten gesprungen

Durch die hohen Berghänge des Val di Fiemme pfiff bereits ein kühler Wind. Unangenehme Temperaturen für ein Trainingslager. Doch den Skispringern des Deutschen Skiverbandes (DSV) kamen die niedrigen Temperaturen vorige Woche in Italien gerade recht. Denn auch wenn der Grand Prix, die Sommer-Wettkampfserie, noch läuft, richteten sich die Blicke der Ski-Adler während ihres Sommer-Trainingslehrgangs schon Richtung November. Auf den Start der Weltcup-Saison. Die Erfahrung lehrt: Die Ergebnisse der Grand-Prix-Springen sind keine sichere Vorhersage für die Winter-Saison, sie lassen aber durchaus Tendenzen erahnen. Und die waren selten so erfreulich wie in diesem Jahr. Denn Andreas Wank, der aus Domnitz im Saalekreis stammt, war im Sommer der beste Skispringer der Welt. Im August hat er gleich drei Springen in Folge gewonnen.

Für Wank ist diese Rolle völlig neu. Bisher war er stets die Nummer drei oder vier im deutschen Team, klar hinter den Überfliegern Richard Freitag und Severin Freund. Und jetzt? Bundestrainer Werner Schuster erklärt gegenüber der MZ: "Andreas hat mit seinen Leistungen die Hierarchie in der Mannschaft ganz schön durcheinander gewirbelt." Mit seinen 24 Jahren ist Andreas Wank also endlich aus dem Schatten seiner Teamkollegen geflogen. "Wir sind jetzt zu dritt", sagt er selbst. Davon profitiere die gesamte Mannschaft. Denn für jeden Springer gibt es nun einen Anhaltspunkt mehr, sich zu orientieren. Oder wie Wank es formuliert, sich "wie an einem Seil hochzuziehen". Für den Bundestrainer kommt das Hoch von Andreas Wank allerdings gar nicht so unerwartet. "Andreas ist in seiner Person schrittweise gereift, hat sich nach seiner guten letzten Wintersaison festgebissen", sagt Schuster. "Und er ist ja kein junges Talent mehr. Er ist nun Vorbild." Deshalb ist der Trainer überzeugt, dass der gebürtige Hallenser seine Leistung auch auf Schnee abrufen wird. Und nicht nur er glaubt daran. Auch Wank spürt eine wesentliche Veränderung. Nämlich, dass er auch mit schlechteren Sprüngen gute Weiten erzielt. "Das ist ein guter Indikator dafür, dass ich stabil bin", meint er. Und noch ein weiteres Anzeichen hat Bundestrainer Schuster ausgemacht. "Andreas ist ein Killer. Er hat keine Angst und Scheu vor Neuerungen."

Bereits zwei Mal kam Wank diese Fähigkeit zugute. Vorige Saison begann er, Keil-Einlagen in seinen Schuhen zu tragen. Das erleichtert es, den gesamten Körper beim Sprung zu strecken, und damit "mehr Energie an die Kante" zu bringen, erklärt Wank. "Andere scheuen solche Veränderungen", sagt Werner Schuster. Wanks Fähigkeit, sich auf Neues einzustellen, sei "bemerkenswert". Und sie kommt ihm gerade in diesem Winter zugute. Denn im Skispringen greift ein neues Reglement. Durften die Anzüge der Springer voriges Jahr noch sechs Zentimeter Luft haben, so liegen sie nun hauteng an. "Andreas hat das unheimlich schnell adaptiert", lobt Schuster.

Ob Andreas Wank der Konkurrenz aber wirklich enteilt ist, ist trotz seiner Führung im Grand Prix unklar. Viele internationale Spitzenspringer haben an der Sommerserie nicht oder nur teilweise teilgenommen. Auch am kommenden Wochenende im österreichischen Hinzenbach werden der Schweizer Simon Ammann und die Österreicher Wolfgang Loitzl und Thomas Morgenstern fehlen. Wank hat 63 Punkte Vorsprung und will die verteidigen. Aber er weiß auch: "Die Sommer-Serie ist lediglich ein besseres Training." Und Schuster stellt klar: "Wir werden am Winter gemessen." Deshalb freute sich Andreas Wank über die kühlen Bedingungen im Trainingslager in Italien. "Das Druckgefühl ähnelt eher den Bedingungen im Winter." Und dort möchte er viel lieber der Beste der Welt sein.